Online-
Paarberatung

Paarberatung: Spätfolgen einer Affäre

Schwer vorstellbar, aber gar nicht so selten: Eine Affäre, die noch 20 Jahre später die Ehe belastet. In diesem Fall war er der "Übeltäter" und hatte fest damit gerechnet, dass seine Frau eines Tages "darüber hinweg kommen" würde. Leider war das nicht der Fall.


Zwar hatte sie sich aufrichtig bemüht, ihrem Mann die Affäre zu verzeihen, zumal nichts dafür sprach, dass sich so ein Vertrauensbruch wiederholen würde. Aber sie schaffte es einfach nicht. Beim kleinsten Ehestreit kam bei ihr "alles wieder hoch". Er hingegen vertrat nun den Standpunkt: Nicht meine Affäre bringt die Ehe an den Rand des Abgrunds, sondern die Reaktion meiner Frau darauf. Schließlich ist "die Sache" über 20 Jahre her, was soll ich denn noch tun? Inzwischen sind die Kinder aus dem Haus, und nun reicht es ihm: Erstmals spricht er von Scheidung. So kamen die beiden zu mir. Die Frau sah theoretisch durchaus das Problematische an ihrem Verhalten, aber sie schilderte auch ihre Unfähigkeit, in der Praxis daraus Konsequenzen zu ziehen. 


Der Mann schien eine Trennung für einen Akt der Selbstbefreiung zu halten: Endlich ohne Schuldgefühle zu leben, erschien ihm äußerst erstrebenswert. In der Online-Paarberatung haben wir dann heraus gearbeitet, wie die beiden eigentlich damals mit der Affäre umgegangen waren. Es stellte sich heraus, dass sie eigentlich niemals wirklich über die Gründe gesprochen hatten. Warum war er damals fremd gegangen? Was, um es klischeehaft zu sagen, hatte die andere, was seine Frau nicht hatte? Was hatte ihm damals in der Ehe gefehlt? Hatte er ein schlechtes Gewissen beim Fremdgehen? Damals hatte sie es nicht geschafft, diese quälenden Fragen von ihm beantwortet zu bekommen, und er hatte keinerlei Eigeninitiative gezeigt, mit ihr darüber zu sprechen. Aber nun, nach so vielen Jahren? 


Erst waren beide nicht begeistert von meinem Vorschlag, dies nun moderiert nachzuholen. Er sowieso nicht – und sie nicht mit dem Argument "was sollen wir die alten Geschichten jetzt noch aufwärmen?". Sie ließen sich dann doch dazu überreden, und zwar mit dem Argument "wenn ihr euch sowieso trennt, ist es doch egal". Tatsächlich haben wir dann in fünf Sitzungen den alten "Film" von damals erstmals abgespielt. Die beiden gingen dabei sehr offen miteinander um, sehr behutsam und vorsichtig. Sie erfuhren womöglich mehr übereinander als in den letzten 20 Jahren. Was aus ihnen geworden ist, weiß ich leider nicht: Sie haben sich bis heute nicht wieder gemeldet, was ein gutes Zeichen ist.


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