Man sagt das ja so dahin: "Gegensätze ziehen sich an." Andererseits: "Gleich und gleich gesellt sich gern." Was ist für eine Partnerschaft denn nun besser? Einige Denkansätze aus der Berufspraxis des Paarberaters.
Das Thema ist wichtig und beschäftigt alle auf dem Weg in eine neue Beziehung. Sie ist vielleicht eine richtige Party-Maus und pflegt einen riesigen Freundes- und Bekanntenkreis – er hingegen verbringt die Wochenenden am liebsten zu Hause oder mit trauten Waldspaziergängen zu zweit. Er gibt auch freimütig zu, dass er eher menschenscheu ist. Da haben wir schon einen Gegensatz. Aber auch sonst sind die gemeinsamen Interessen und Vorlieben überschaubar. Sie trinkt gern mal einen Prosecco, er hasst Alkohol. Sie ist süchtig nach TV-Serien, die er auf den Tod nicht leiden kann. Sie dreht ihre Playlist gern auf, er mag die Musik nicht. Das Potenzial für Konflikte kann man förmlich riechen, oder?
Nehmen wir ein anderes Pärchen. Die beiden haben sich bei der Arbeit kennengelernt, das verbundet schon mal. Sie stellten dann fest, dass sie auch noch dasselbe Hobby haben, und ins Fitness-Studio gehen sie auch beide gern. Im Grunde könnten sie alles – also wirklich "alles" – gemeinsam machen, und anfangs tun sie das auch. Dann aber wird es einem von ihnen zu eng in der Beziehung. Sie oder er stellt fest, dass es nun gar keinen Freiraum "nur für sich selbst" mehr gibt. Man wacht zusammen auf, frühstückt gemeinsam (beide haben natürlich den gleichen Geschmack), fährt gemeinsam zur Arbeit, verbringt den ganzen Tag zusammen, geht direkt von dort ins Gym, und vielleicht guckt man abends die gemeinsame Lieblings-Serie auf Netflix. "Gleich und gleich..." Riechen Sie das Konflikt-Potenzial?
In der Paarberatung habe ich festgestellt, dass offenbar ein Mix aus beidem ganz gut funktioniert, wobei vielleicht 60 % "gleich und gleich gesellt sich gern" und 40 % "Gegensätze ziehen sich an" die ideale Formel ist. Heißt: Übereinstimmungen sollten etwas häufiger zu finden sein als völlig unterschiedliche Vorlieben.
Es ist zum Beispiel offensichtlich sehr gut, wenn sich beide beim Bewältigen von Alltagsdingen einig sind. Wer auch immer bemerkt, dass der Mülleimer voll ist, der bringt ihn runter. Wer sieht, dass der Wäschekasten voll ist, der schmeißt eine Maschine an. Es wird nicht funktionieren, wenn einer betont ordnungsliebend und dem anderen alles egal ist! Es kann aber gut funktionieren, wenn beide Haushaltsarbeit hassen und nur dann tätig werden, wenn es sich nicht mehr umgehen lässt. Dann sieht die Wohnung halt etwas vermüllt aus, aber das stört sie beide nicht.
Beim Thema Beruf ist mein Eindruck: Beide in einer Firma – kann funktionieren. Beide in einer Abteilung – schwierig. Und beim Hobby kann es durchaus beziehungsförderlich sein, wenn beide sich für das Gleiche interessieren. Aber nur, wenn jeder von ihnen daneben noch etwas anderes hat, das nur ihm gehört.
Wer klug ist, der ermuntert den Partner / die Partnerin sogar, etwas nur für sich selbst zu tun. Denn sonst wird's über kurz oder lang etwas öde. Die Beziehung schläft sanft und von beiden unbemerkt ein. Und dann wird es schwer, sie wieder zu neuem Leben zu erwecken.