Ist die Beziehung erst einmal in der Krise, lässt sie sich nur mühsam wieder verbessern. Zum Beispiel mit einer kompetenten Paarberatung. Aber auch die hat ihre negativen Seiten. Erstens kostet sie Geld (bei mir nur 90,--/Stunde, aber auch das sind ja keine Peanuts), zweitens ist der Zeitaufwand erheblich, drittens dauert sie Wochen oder sogar Monate, und viertens weiß man vorher nie, was eine Paarberatung bringt: Schlimmstenfalls tun sich Beziehungsprobleme auf, von denen man bisher gar nichts gewusst hat. Dann hat man schlafende Hunde geweckt (ob das notwendig war und für alle Beteiligten letztlich ganz gut ist, steht auf einem anderen Blatt und ist hier nicht das Thema).
Es empfiehlt sich also, schon in "guten" Zeiten ganz genau auf die Qualität der Beziehung zu schauen. Mit dem Auto fährt man ja auch nicht erst in die Werkstatt (bzw. lässt sich dorthin abschleppen), wenn es nicht mehr läuft – sondern klugerweise macht man die Inspektion vorher, auf dass Schwachstellen rechtzeitig entdeckt und schwächelnde Teile, die demnächst ihren Geist aufgeben werden, schon prophylaktisch ausgetauscht werden. Schicken Sie doch Ihre Beziehung auch mal in die Inspektion! Aus der Theorie meiner Ausbildung, aus meiner Praxis als Paarberater und natürlich auch auf Grund meiner eigenen Lebenserfahrung habe ich 10 Punkte zusammen getragen, die ich hier mal kurz erklären möchte. Sie können Ihre "Beziehungs-Inspektion" allein oder zu zweit machen, ganz wie Sie mögen. Es wäre bestimmt recht spannend für Sie, zu den einzelnen Punkten auch mal die Meinung Ihres Partners oder Ihrer Partnerin zu erfahren.
1. Kommunikation Leser meines Blogs wissen, dass schlechte oder fehlende Kommunikation zwischen den Partnern Trennungsgrund Nr. 1 ist. Reden Sie viel / manchmal / wenig / nur das Nötigste / gar nicht mehr miteinander? Wenn Sie etwas stark beschäftigt: Ist er / sie dann der oder die erste, mit dem Sie darüber sprechen? Hat er / sie dann meistens ein "offenes Ohr" für Sie? Sind seine / ihre Kommentare für Sie in aller Regel eine Bereicherung? Und fragen Sie sich auch selbst: Sind Sie meistens ein wirklich guter Gesprächspartner? Oder erinnern Sie sich an eine Situation, wo Sie einfach nicht richtig zugehört haben und sie / er deshalb von Ihnen enttäuscht gewesen sein könnte? Wichtig ist nur, dass Sie sich JETZT Gedanken darüber machen, wie es eigentlich um die Kommunikation in Ihrer Beziehung bestellt ist.
2. Gefühle Ich möchte das erklären: In vielen Beziehungen ist das Zeigen von Gefühlen allenfalls einem der beiden gegeben, der andere hält die seinen lieber zurück bzw. weiß vielleicht gar nicht, dass er sie hat. Es gibt auch Beziehungen, in denen beide nicht so gefühls-"duselig" (wie man leicht abschätzig sagt) sind. Da funktioniert die Beziehung vielleicht trotzdem gut, aber von Gefühlen ist nicht so viel die Rede. Ja, sicher: Als die Liebe noch ganz frisch war, da waren auf beiden Seiten tiefe Gefühle im Spiel, und man hatte auch kein Problem damit, sie zu äußern. Man war halt schwer verliebt. Aber im Laufe der Zeit? Wenn die Gefühle nicht mehr so im Vordergrund stehen, muss das ja nichts Schlimmes bedeuten! Das stimmt. Ein Keilriemen, der schon reichlich abgenutzt ist, kann auch noch 100.000 km halten. Trotzdem ist die Frage erlaubt (und wichtig), wo sie denn hin sind, die Gefühle. Es gibt ja niemanden, der keine hat. Also, wo ind sie? Da wir hier ja über Ihre Beziehung sprechen: Sind Sie imstande und bereit, Ihre Gefühle mit ihm / ihr zu teilen? Wann haben Sie das zuletzt gemacht? Könnten Sie sich vorstellen, es ab heute wieder verstärkt zu tun? Und anders herum: Was wissen Sie eigentlich über die Gefühlswelt von ihr / von ihm? Das kann man an kleinen Beispielen fest machen: Wenn man sich einfach mal fragt, was den anderen zu Tränen rührt, was einen besonders glücklich macht, wovor man Angst hat, was einen bedrückt usw. Wird in Ihrer Beziehung mit Gefühlen ganz offen umgegangen, oder haben Sie beide Ihre Gefühle in den Keller geschickt? Wäre doch mal ein Thema für heute abend...
3. Achtsamkeit Das ist so ein beliebtes Wort aus der psychologischen Werkzeugkiste. Es gibt wohl kaum eine psychologische Weiterbildung, in der es nicht arg strapaziert wird. Aber was damit gemeint ist, das ist durchaus für eine funktionierende Beziehung extrem wichtig. Und deshalb stellen Sie sich doch heute mal die Frage, ob Sie beide eigentlich (noch) achtsam miteinander umgehen. Das bedeutet zum Beispiel "sich umeinander kümmern". Und "für einander da sein". Und "sich um den anderen Sorgen machen", all das eben. Natürlich gibt es zum einen "meine" Achtsamkeit, wie ich mich also selbst verhalte, und das gibt es die Achtsamkeit des anderen, also wie er oder sie sich mir gegenüber verhält. Sind Sie denn achtsam genug, und wird das von ihm / ihr auch so gesehen? Und haben Sie das Gefühl, dass Ihnen mit der notwendigen Achtsmkeit begegnet wird? Überlegen Sie doch mal ganz konkret, bei welcher Gelegenheit Sie beide das letzte Mal wirklich "achtsam" miteinander umgegangen sind. Und dann überlegen Sie, bei welcher Gelegenheit es Ihnen oder einem von Ihnen ganz klar an Achtsamkeit gefehlt hat. Auch so ein Thema, über das Sie beide heute abend mal sprechen könnten: Achtsamkeit.
4. Alltag Der ist bekanntlich ein echter Beziehungskiller. Es gibt aber keine langfristige Beziehung ohne Alltag, mal abgesehen vielleicht von Fernbeziehungen. Erst im Alltag entscheidet sich, was eine Beziehung wirklich wert ist. Der Alltag an sich ist ja eine recht langweilige Angelegenheit, denn Alltag bedeutet ja, das sich alles immer wiederholt. In Ihrem ganz persönlichen Beziehungs-Test bzw. beim heutigen Versuch, Ihre Beziehung, wo nötig, zu verbessern, sollten Sie sich also mal fragen, ob Sie mit ihm / ihr noch häufig genug aus dem Alltag ausbrechen. Das kann mal ein Abend nur für Sie beide sein, ein Konzertbesuch, ein Städtetrip oder zu Hause ein Abend, an dem Sie miteinander kochen und es sich dann gemeinsam gemütlich machen. Halt all sowas. Frage also an Sie: Den Alltag durchbrechen, wann haben Sie dafür in letzter Zeit die Initiative ergriffen? Und was sie / ihn angeht: Wissen Sie genau, was ihren / seinen Geschmack treffen würde? Wenn der Alltag die Kontrolle über Sie beide übernommen hat, dann trudeln Sie vielleicht auf eine Krise zu. Deshalb ist das so wichtig.
5. Ziele Am Anfang hat man meistens viele gemeinsame Ziele: Karriere, Kinder, Haus, Hund, Reisen usw. Wenn Sie Ihre eigene Beziehung heute wirklich mal überprüfen möchten, dann fragen Sie sich bitte einmal ganz ehrlich, ob Sie beide heute auch noch gemeinsame Ziele haben und schreiben Sie diese eben mal auf. Zwei oder drei sollten es mindestens sein. Hintergrund: Gemeinsame Ziele verbinden uns. Man spricht ja dann darüber und stellt sich vor, wie es sein wird, wenn... Ganz wichtig also für eine Beziehung, dass es (noch) gemeinsame Ziele gibt. Fallen Ihnen aber spontan keine ein, wäre das doch mal ein guter Gesprächsansatz. Was wollen Sie beide eigentlich noch erleben? Interessant wird auch sein, ob er / sie eigentlich überhaupt ein Interesse an dem Thema hat. Ziele sind ja auch Träume. Können Sie also noch gemeinsam von etwas träumen? Wenn nicht, scrollen Sie bitte noch einmal nach oben zu Punkt 2 ("Gefühle"). Denn wenn Sie beide wieder mehr über Ihre Gefühle sprechen, entwickeln sich daraus auch sehr schnell gemeinsame Träume und Ziele.
6. Erotik Ich bin kein Sexualberater, werde hier also keine Erotik-Tipps geben. Aber wenn Sie heute Ihre eigene Beziehung auf ihre Qualität hin testen und sie, wo es notwendig ist, verbessern möchten, kommen Sie um das Thema Erotik natürlich nicht herum. In vielen Beziehungen ist die Erotik am Anfang sehr wichtig und schläft dann irgendwann ein. Vielleicht nicht ganz, aber doch nicht mehr vergleichbar mit der ersten Zeit. Das ist einerseits normal: Beim Mann zum Beispiel hat die Natur es so eingerichtet, dass sein Sexualtrieb nach ca. 4 Jahren einer Beziehung nachlässt; ein Grund ist angeblich, dass er dann möglichst keine Gedanken mehr an andere Frauen verschwenden, sondern sich auf seine eigene konzentrieren soll (Überbleibsel aus der Höhlenzeit, habe ich kürzlich irgendwo gelesen). Andererseits ist einschlafendes erotisches Begehren (beidseitig) immer ein deutliches Anzeichen dafür, dass eine Beziehungskrise nicht mehr ausgeschlossen werden kann. Zu Ihrer "Partnerschafts-Inspektion" gehört deshalb auf jeden Fall, dass Sie mal über Erotik in Ihrer Beziehung nachdenken. Sind Sie beide in der Lage, darüber zu sprechen? Dann werden Sie zu zweit sicher auch Ideen entwickeln, wie wieder ein bisschen mehr Erotik in Ihre Beziehung kommen könnte.
7. Gemeinsamkeiten Ich habe in meinem Blog erst neulich darüber geschrieben, dass "gleich und gleich gesellt sich gern" für eine Beziehung besser ist als "Gegensätze ziehen sich an" (hier geht`s zu dem Eintrag). Tatsächlich ist es für Ihre Beziehung sehr wichtig, dass Sie beide vieles gemeinsam haben, gewisse Interessen teilen, zu wichtigen Themen im Prinzip die gleiche Meinung haben und die Gemeinsamkeiten auch bewusst pflegen, d.h., sich gegenseitig hin und wieder daran erinnern und sie nicht verkommen lassen. Heute wäre as also an der Zeit, dass Sie mal überlegen: Welche Gemeinsamkeiten haben wir, und was könnten wir tun, um sie mal wieder etwas mehr in den Vordergrund zu rücken? Ganz hilfreich ist dabei, wenn Sie sich mal an früher erinnern. Da gab es eventuell mehr Gemeinsamkeiten als heute? Dann besteht dringender Handlungsbedarf. Gemeinsamkeit beginnt damit, dass man etwas gemeinsam macht. Was fällt Ihnen dazu ein? Allein schon die Tatsache, dass Sie sich damit gedanklich beschäftigen und vielleicht mit ihm / ihr darüber sprechen, ist ein erster Schritt.
8. Freiräume Bei aller wünschenswerter Gemeinsamkeit: Wenn Sie beide keine Freiräume haben, also etwas nur für sich selbst, dann stimmt was nicht in der Beziehung. Das klingt zwar sehr pauschal, aber die Praxis zeigt es. Überlegen Sie heute also im Rahmen Ihrer "Beziehungs-Inspektion", ob Sie Ihre Freiräume haben und sie / er welche hat. Das kann ein eigener Freundeskreis sein, ein regelmäßig ausgeübtes Hobby, Sport oder sonst etwas, das Sie nicht miteinander teilen. Am Anfang einer Beziehung vermisst man Freiräume meistens nicht, sondern man möchte am liebsten alles gemeinsam machen. Ist die Beziehung aber schon in die Jahre gekommen, sind Freiräume sehr wichtig. Gönnen Sie sich welche? Und gönnen Sie ihm / ihr welche? Wenn Ihnen keine Freiräume einfallen, die den Namen wirklich verdienen, dann könnten Sie direkt auf eine Krise zusteuern. Übrigens ist es nie zu spät, mit Freiräumen anzufangen. Das kann man auch in der Rentenzeit noch.
9. Vertrauen Eine der wichtigsten Eigenschaften einer guten Beziehung. Wenn kein Vertrauen da ist, kann man die Beziehung knicken. Wenn es in der Ihrigen an Vertrauen fehlt, gibt es zwei Möglichkeiten und nur einen Weg. Möglichkeit eins: Das Vertrauen ist nur temporär weg, weil einer enttäuscht wurde vielleicht, aber das wird nicht von Dauer sein. Möglichkeit zwei: Das Vertrauen ist auf Dauer weg, d.h., es wird wohl nie wieder so sein wie früher. Das sind also die beiden Möglichkeiten. Nun der Weg. Egal ob temporär oder dauerhaft: Überlegen Sie sofort und konkret, wie Sie das Vertrauen wieder herstellen können. Ich würde fast sagen, denken Sie mal über eine Paartherapie nach, aber das wäre jetzt zu platt. Da müssen Sie schon selbst drauf kommen. Um noch mal den Vergleich mit dem Auto aufzunehmen: Fehlendes Vertrauen ist so schlimm wie kein Öl im Motor, da droht der Kolbenfresser. Wenn Sie das auf die leichte Schulter nehmen, haben Sie demnächst ein richtiges Problem. Also checken Sie ab, ob Sie beide sich wirklich vertrauen.
10. Romantik Das ist auch so eine Binsenweisheit, aber die meisten Menschen unterschätzen sie. Wann hatten Sie eigentlich zuletzt eine richtig romantische Idee, und wann wurden Sie zuletzt mit etwas richtig Romantischem überrascht? An der Antwort können Sie sehr gut feststellen, ob für Sie Handlungsbedarf besteht. Das ist nicht überraschend und nicht neu, stimmt aber. Ohne Romantik schläft die Liebe irgendwann sanft ein. Sie sind beide total ausgelastet, Sie verstehen sich auch so sehr gut, der Alltag frisst Sie auf, für Romantik sind Sie zu alt? Alles Quatsch. Wenn es in Ihrer Beziehung nichts Romantisches mehr gibt, ist sie womöglich bereits im Koma. Aber es ist (fast) nie zu spät. Also los! Sie werden ja wohl kreativ genug sein, um diesen Mangel sofort spontan zu beheben. Übrigens hat Romantik viel mit Gefühlen zu tun. Und über Ihre Gefühle haben wir ja schon geredet (Punkt 2). Lesen Sie noch mal nach.