"Ich bin vielleicht demisexuell - ist das schlimm?"

Kurzfassung: Nein. Nun etwas ausführlicher. -Gehört haben viele schon mal von "demisexuell". Aber was ist das eigentlich? 

Es ist kein wissenschaftlicher Begriff. Es gibt auch keine Statistiken darüber, wie viele Menschen eigentlich demisexuell sind. "Demi" kommt aus dem französischen und bedeutet "halb" oder "teilweise". In der Sexualpsychologie bezeichnet man Menschen als demisexuell, die ohne eine tiefe psychische Verbundenheit mit ihrem Partner/ihrer Partnerin kein sexuelles Verlangen verspüren.  Sie sind für einen ONS also eher ungeeignet.

Wenn jemand aber eine tiefe psychische Bindung an ihn/sie benötigt, um Sex zu haben: Ist das dann nicht sogar prima? Sozusagen der Idealfall im sexual-moralischen Sinne? So könnte man es tatsächlich sehen. Allerdings kann man mit einem demisexuellen Partner nicht erst Sex ausprobieren und dann entscheiden, ob es für eine Beziehung reicht. Das macht die Sache ein bisschen schwierig.

Die Frau, die mir die Frage aus der Überschrift dieses Beitrags im telefonischen Vorgespräch meiner Online-Paarberatung stellte, hatte genau das Problem. Sie hatte einen Mann kennen gelernt, der ihr extrem sympathisch zu sein schien. Das beruhte auf Gegenseitigkeit. Er wolllte nun auch mit ihr schlafen. Sie hatte im Prinzip nichts dagegen, verspürte allerdings keinerlei Lust dazu. Dann hatte sie sich gefragt, woran das wohl lag und ein bisschen gegoogelt. So kam sie auf die Idee, dass sie vielleicht demisexuell sein könnte.

Nun, nicht jede sexuelle Umlust ist ein Zeichen für Demisexualität. Es kann ja auch sein, dass der potenzielle Partner für sie zwar sympathisch, aber halt kein Mann für Sex war. Als wir über ihre sexuelle Vorgeschichte sprachen, zeigte sich dann, dass sie durchaus schon mit Männern Sex gehabt hatte, ohne dass es eine tiefe psychische Bindung gab.  Dieses Mal also kein Fall von demisexuell?

Das kann man nicht so eindeutig sagen, denn demisexuell ist man nicht immer von Natur aus. Demisexuell kann man auch im Laufe der eigenen Sexualgeschichte werden. Die Klientin aus der Paarberatung hat dann beschlossen, dass sie noch ein wenig abwarten wollte, ob ihr Interesse an Sex  vielleicht doch noch erwacht. Bisher hat sie sich nicht mehr bei mir gemeldet.